Eine Erinnerung an Siegfried Kracauer

Fotofabrique Gängeviertel // Donnerstag 7. April // 18.30 Uhr


(c) Suhrkamp Verlag

Vortrag und Diskussion mit Michael Girke

 

Ein Nachklang von 1968 war es, dass Filmdebatten oft politisch-ideologisch überhitzt geführt wurden – was, da der Film selbst dabei meist zu kurz kam, irgendwann zur Ermüdung führte. Heute ist das Gegenteil festzustellen: Die Frage, was denn das Politische an der Filmkunst sei, ist öffentlich kaum mehr zu vernehmen. Und dies in einer Zeit, die zu Stellungnahme und Selbstbefragung geradezu nötigt. Grund genug, an Siegfried Kracauer zu erinnern, dessen Todestag sich im kommenden November zum 50. Mal jährt.

 

Kracauer war vieles: einer der Begründer der deutschen Filmkritik, Gesellschaftswissenschaftler, Flaneur, Feuilletonist, Romanautor und passionierter Anhänger des Dokumentarischen. Für ihn, der die ökonomisch-politisch kriselnden und intellektuell desorientierten 20er-Jahre erlebte, war der Film etwas, dessen wir dringend bedürfen: ein Seismograph, um die Welt, in der wir leben, besser zu verstehen. Der Filmbeobachter, schrieb er, sei immer auch ein Gesellschaftsbeobachter.

 

Mit dem Filmkritiker Michael Girke wollen wir näher beleuchten, wie Kracauer das meint. Und fragen, was es heißt, wenn er feststellt, dass das Allernächste für uns oft weit fremder ist als exotische Länder. Oder, dass unscheinbare Oberflächenerscheinungen mehr über die Gesellschaft und ihre Mentalität verraten als deren Urteile über sich selbst. Brauchen wir den Kamerablick, damit unser Verhältnis zum Politischen Tiefenschärfe bekommt?

 

Michael Girke ist Autor, Filmhistoriker und Kurator. Studium der Literaturwissenschaft und Politologie in Berlin; Lehraufträge an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg. Er kuratiert Ausstellungen und Filmreihen für das Filmmuseum Düsseldorf (zuletzt: „1914 – Stürzende Zeit“). Seine Texte erscheinen u.a. in „der Freitag“, „Neue Zürcher Zeitung“, „Film-Dienst“ und „taz“. 2010 Literaturstipendium des Landes Nordrhein-Westfalen für „Versuch über Heimat“.

 



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