Sonntag, 15.4. 17 Uhr


Blockade

von Sergej Loznica, Russische Föderation 2005, S/W, Stummfilm mit engl. UT, 52 Min., 35mm

 

Gäste: Sergej Loznica

 

Beschreibung: 1941–1944. Das sowjetische Kriegstrauma schlechthin: 900 Tage Blockade Leningrads. Bis heute finden in Russland Zeichenwettbewerbe statt, die dem Schrecken der Zeit des verzweifelten Ausharrens und des Massensterbens ein ikonografisches Fortdauern sichern sollen. Denn Hard-fact-Dokumente sind rar. Und sie sprechen nicht. Sergej Loznica hat in intensivem Austausch mit dem Archiv des St. Petersburger Dokumentarfilmstudios handverlesenes Stummfilmmaterial zu einer einzigartigen Vertonung und Neuerzählung des Alltags im Ausnahmezustand komponiert; Szenen rund um Feuerwehreinsätze oder das mühsame Füllen von Milchkannen verdichten sich, der Sommer geht, der Winter ist da, das permanente Kanonentreiben vor allem akustisch präsent. Immer langsamer werden die Schritte der Frostvermummten, immer statischer das Straßentreiben. Mit einem Mal, zunächst ganz unbemerkt, liegen Leichen da. Am Ende versammelt sich das Volk, um im Spektakel einer öffentlichen Hinrichtung eine leise Ahnung “historischer Gerechtigkeit” zu erfahren, ein lakonischer Zwischentitel setzt dem Furor der andeutungsweise realistischen (aber eben nie naturalistischen) Hörbarkeit des Geschehens ein still-schweigsames Ende. Eine im Lande der Billig(- Stalin)-Ikonen wie auch im Knopp’schen TV-Reich extrem rare Erscheinung: Das historische Archiv – sorgfältig und präzise reanimiert. Man wird es so schnell nicht vergessen. (Katalogtext DOK Leipzig 2006)

 



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